Kazbek

Ziel: Kazbek (sprich: Kasbek) via Normalweg von der georgischen Seite
Höhe: 5047m (oft auch mit 5033 angegeben, das ist aber falsch)
Datum: 01.09.2014-10.09.2014
Tourbegleitung: Christoph, Oliver
Anmerkung: Leider ist mir meine Kamera in Tiflis abhanden gekommen, weshalb alle Fotos von Christoph und Oliver stammen die so freundlich waren sie für diesen Bericht zur Verfügung zu stellen.

1.9.2014, 08:15, Graz Hauptbahnhof. Es regnet. Wie schon die letzten Tage. Im wohl verregnetsten Sommer in Österreich seit ich denken kann. Aber macht nichts, denn jetzt soll eine Reise zu dem höchsten Berg los gehen auf dem ich bisher gestanden habe. Und dieser befindet sich im Kaukasus, genauer gesagt in Mtskheta-Mtianeti, einer Region im nordöstlichen Teil Georgiens. Aber bevor wir diese Region erreichen ist zunächst noch etwas Zeit in Tiflis angesagt, und dort sind im Gegensatz zum Verregneten Österreich 35 Grad und Sonnenschein die Regel. Aber der Reihe nach.

Mit dem Zug geht es also nach Wien und von dort mit der türkischen Airline Pegasus via 8 stündigem Aufenthalt in Istanbul in die georgische Hauptstadt Tiflis. Eigentlich würde sich ja dabei gleich noch ein kurzer Aufenthalt in Istanbul anbieten, aber nachdem unser Zwischenstopp nicht am größeren Atatürk Flughafen sondern am Sabiha-Gökçen statt findet und ein Bustransfer von dort ins Zentrum 1,5 Stunden pro Strecke dauert verzichten wir darauf. Nachdem WLAN am Flughafen überall zahlungspflichtig ist und wir für drei Bier ganze 21€ zahlen müssen gestaltet sich diese Zeit als relativ öde. Aber naja, da müssen wir durch. Gegen 04:40 am nächsten Tag landen wir dann schließlich in Tiflis. Beim Verlassen des Flughafens werden wir mit einem großen Climbing Georgia Schild abgeholt, der Organisation der wir uns die nächsten Tage anvertrauen. Erkannt werden wir aufgrund unserer überdimensionalen Rucksäcke sofort. Auf dem Weg zum Auto wird am Flughafen auch noch ein kleines Feuerwerk abgeschossen (ja, am Flughafen), aber ich bezweifle jetzt mal, dass das für uns gedacht ist. Am Auto, einem aus Japan importierten geländegängigem Wagen, sieht man sofort das wir richtig sind. Von diesem werden wir direkt in unser Hotel „Irmeni“ gebracht und fallen dort auch gleich todmüde ins Bett. Dass das Fenster des Zimmers zugemauert ist und nur noch oben ein kleiner Spalt frei ist stört uns jetzt ebensowenig wie das 3. Bett, eine viel zu klein geratene ungemütliche Ausziehcouch.

Nach ein paar Stunden Schlaf heißt es dann am frühen Nachmittag aufstehen, die Zeit nützen um Tiflis zu erkunden und unseren großen Hunger zu stillen. In den Restaurants erfreuen wir uns über die für österreischische Verhältnisse günstigen Preise. Der anschließende Spaziergang hinauf zur Festung Nariqala ist eine Wohltat, auch wenn es etwas heiß ist. Nach Einbruch der Dunkelheit verbringen wir den Rest des Abends noch in einer der touristisch angehauchten Straßen in einem Lokal bei einer gemütlichen Shisha, so wie es dort augenscheinlich in so gut wie jedem Lokal üblich ist und dem ein oder anderen Bier bevor es wieder zurück ins Hotel geht.

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Sameba Kathedrale.

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Tiflis von der Festung Nariqala aus betrachtet.

Am nächsten Tag werden wir gegen Mittag von unserem Bergführer Shota vom Hotel abgeholt. Für diesen Tag ist der Transfer in das 170km entfernte Stephantsminda geplant, den Ort am Fuße des Kazbek. Die Fahrt gestaltet sich spannender als erwartet, in erster Linie wegen den ganzen Tieren auf der Straße. Mit den Kühen, Pferden, Truthähnen, Eseln und Schweinen hätte man einen eigenen Bauernhof eröffnen können. Bereits einige Kilometer vor der russischen Grenze beginnt ein kilometerlanger Stau, angeblich wegen eines Erdrutsches der die Straße verschüttet hat. Nachdem wir nicht weiter Richtung russischer Grenze müssen fahren wir schlicht und einfach am Gegenverkehrsstreifen am Stau vorbei.

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Keine außergewöhnliche Situation in Georgien.

Sehr angenehm überrascht sind wir von unserer Unterkunft in Stephantsminda. Wir haben eigentlich eine Art Motel erwartet. Statt dessen sind wir privat bei einer äußerst gastfreundlichen Familie untergebracht und werden dort bestens verköstigt. Zwischendurch spazieren wir noch ein wenig durch den Ort, kaufen noch ein paar Kleinigkeiten für den Berg in den Miniläden und bereiten unsere Rucksäcke für den Morgigen Aufstieg in unser Basislager, eine alte meteorologische Station vor. Nach dem Spaziergang beginnt es zu regnen und es schüttet quasi aus Eimern. Dadurch wird uns an diesem Tag kaum mehr ein Blick auf den Kazbek gewährt. Abends trinken wir schließlich in unserer Unterkunft noch das ein oder andere Glas georgischen Wein mit den Gastgebern.

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Blick vom Balkon unserer Unterkunft in den Garten. Im Hintergrund: Kazbek.

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Zufahrtsstraße zu unserer Unterkunft in Stephantsminda.

Nach einer äußerst erholsamen Nacht sieht die Situation gleich ganz anders aus. Man öffnet die Balkontür und wird vom herrlichen Ausblick förmlich erschlagen:

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Blick vom Balkon unserer Unterkunft auf den Kazbek mit der Dreifaltigkeitskirche im Vordergrund.

Unser geplanter Zeitpunkt für den Aufbruch zur ehemaligen Meteorologischen Station auf 3650m  um 09:00 wird immer weiter verzögert, weil es irgend ein Problem mit den Packpferden gibt, die unter anderem unsere Nahrung für die folgenden Tage sowie einen Teil der Gruppenausrüstung wie zum Beispiel das Seil hochtragen sollen. Kurz vor Mittag geht es dann aber endlich los. Mit dem Geländewagen fahren wir noch bis zur Sameba Kirche auf 2200m. Unterwegs laden wir noch das für die Pferde vorgesehene Gepäck aus.

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Sameba Kirche vom Start unseres Fußweges aus.

Über eindrucksvolle kahle Graslandschaften geht es in flottem Tempo höher. Bei einer Wasserstelle legen wir eine Mittagspause ein und werden von einem kurzen Regenguss überrascht. So schnell wie es angefangen hat hört es aber auch wieder auf; das Regengewand haben wir quasi umsonst aus dem Rucksack ausgegraben. Kurz bevor wir den zu überquerenden eher flachen Gletscher erreichen wechselt die Graslandschaft einer Steinwüste. Des öfteren müssen ein paar kleinere Bäche von Stein zu Stein hüpfend überwunden werden. Auf diesem Streckenabschnitt sind auch noch relativ viele Leute unterwegs. Für viele ist die Endstation der Gletscher, ein Bruchteil geht weiter zur Meteo Station.

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Über Graslandschaften hoch zum Gletscher.

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Übergang von Gras zu Fels.

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Kurz vorm Gletscher.

Für den Gletscher sind weder Steigeisen noch ein Seil nötig nachdem er nicht sehr steil und ausgeapert ist. Überrascht bin ich nur davon, dass selbst die Pferde den Gletscher überwinden können, wenn auch mit eher außergewöhnlichen Hufeisen.

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Christoph am Gletscher.

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Unsere Unterkunft für die nächsten Tage: Eine uralte meteorologische Station.

Die Unterkunft ist alles andere als luxuriös, aber das haben wir auch nicht erwartet. Geschlafen wird in engen Stockbettlagern, gekocht mit Gaskochern und eiskaltem Gletscherwasser, an vielen Stellen tropft Wasser in die Unterkunft, Heizung gibt es natürlich keine und als Klo dient ein Plumpsklo der übleren Sorte, mit einem (für viele Leute zu kleinem) Loch im Boden und ohne Dach. Nachdem unsere Erwartungen aber auch nicht hoch sind erschüttert uns dies in keinster Weise. Lediglich die Nächte sind wirklich sehr unruhig.Vom Einbruch der Dunkelheit bis etwa 23:00 wird ein Generator eingeschalten um Strom und Licht zur Verfügung zu haben wodurch reges Treiben entsteht; von 23:00 bis 01:00 ist es relativ ruhig bevor dann die Gipfelaspiranten aufstehen und wiederum für Lärm sorgen. Für mich ist es zum Glück im Gegensatz zu Oliver und Christoph halb so schlimm nachdem ich mit ordentlichen Ohrstöpseln ausgestattet bin. Etwa die Hälfte der Leute schläft in Zelten vor der Hütte und ein weiterer kleiner Teil im vorgeschobenen Basislager etwas höher, ebenfalls in Zelten. Es finden sich Leute der unterschiedlichsten Nationen ein. Erinnern kann ich mich noch an Leute aus Polen, Deutschland, Italien, Aserbaidschan, Israel, Weißrussland, Russland, Georgien, Libanon und Amerika.

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Stockbettlager.

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Zeltplatz vor der Meteo Station.

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Kochstelle in der Meteo Station.

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Blick von der meteorologischen Station zurück über unseren Aufstiegsweg über den Gletscher.

Für den ersten Tag auf der Hütte nach unserem Aufstieg ist lediglich eine kleine Akklimatisierungstour geplant die auch gleich nochmal dazu genützt wird um die nötige Seiltechnik etc. ein wenig zu trainieren. Zusammen mit einer anderen Climbing Georgia Gruppe, einem Paar aus dem Libanon steigen wir mit deren Bergführer, Oto, auf etwa 4000m hinauf, vorbei am vorgezogenen Basislager in zunächst wunderbarem Wetter. Wir schlagen den selben Weg ein den wir auch am Gipfeltag vor uns haben werden; dann allerdings in kompletter Dunkelheit. Beim Abstieg setzt schließlich irgendwas zwischen Graupelschauer und Schneefall ein.

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Beim Aufstieg auf 4000m.

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Blick zurück über unseren Aufstiegsweg.

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Am Trainingsplatz angekommen.

Aber auch dieses Schlechtwetter verzieht sich so schnell wieder wie es gekommen ist. Gegen Abend hin klart es wieder auf um Platz für das angekündigte Schönwetter für unseren Gipfeltag zu machen. Am Vortag konnten wir zu dieser Zeit noch ein Gewitter unter uns über Stephantsminda beobachten. Aber naja, auch darauf haben wir uns zu früh gefreut. So schnell wie das Wetter oben umschlägt wird vorher nochmal alles unter ein paar wenigen cm Schnee begraben.

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Später Nachmittag vor unserem Gipfeltag; die Packpferde warten auf den Abstieg.

Gegen 19:00 – 20:00 geht es schließlich ins Bett um für den Gipfeltag gerüstet zu sein. Viel Schlaf ist uns allerdings nicht vergönnt, um 01:00 heißt es Tagwache. Der Plan ist je nach Wetter entweder um 02:00 oder um 03:00 aufzubrechen. Nachdem das Wetter sehr gut aussieht wird 03:00 für den Aufbruch anvisiert. Genügend Zeit für ein ordentliches Frühstück und letzte Justierungen am Rucksack vorzunehmen. Erfreulicherweise wird auch der Generator angeworfen um Licht zu haben. Vermutlich weil auf Grund des super Wetters außergwöhnlich viele Gruppen geplant haben den Gipfel zu erreichen; um die 10 werden es sein. Das macht das Frühstück um einiges angenehmer nachdem man nicht mehr auf die Stirnlampen angewiesen ist. In kompletter Dunkelheit geht es schließlich relativ pünktlich um 03:00 los. Der Schneefall am Abend und der gefrorene Boden machen das Gehen um einiges angenehmer als noch am Vortag auf dem lockeren Geröll. Im Gehen ist auch die große Kälte nicht wirklich störend. Damit das Trinksystem nicht einfriert trinke ich etwa alle 5 Minuten einen kleinen Schluck oder halte den Schlauch in die Luft um das Wasser zurück in den Beutel laufen zu lassen. Immer noch in der Dunkelheit erreichen wir schließlich den Anseilplatz kurz vor dem spaltenreichen Gletscher. Nachdem es wirklich sehr kalt ist lege ich jetzt noch meine letzte verfügbare Kleidungsschicht an. Für das anlegen der Steigeisen und einbinden ins Seil ziehe ich kurz meine Handschuhe aus. Sofort merke ich, dass das nicht die beste Idee ist nachdem die Finger binnen kürzester Zeit vor kälte Schmerzen. Blöderweise habe ich auch für 10-15 Minuten auf das Trinksystem vergessen. Zu spät, alles festgefroren. Zu diesem Zeitpunkt haben wir uns bereits von einer der letzten Seilschaften zu einer der ersteren vorgearbeitet; einerseits durch das flotte Tempo, andererseits durch die Wegkenntnisse unseres Bergführers der die ein oder andere Abkürzungen wusste.

Am Plateau angekommen geht jetzt auch langsam die Sonne auf, was wieder das ein oder andere Foto ermöglicht.

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Am Plateau auf 4500m.

Ab hier beginnt langsam der schwierigere Teil der Tour in 45 Grad steilen Firnflanken. Wir befinden uns auch gerade auf russischem Staatsgebiet, aber offenbar wird das zum Glück hier nicht wie an allen anderen Stellen so ganz genau genommen mit dem Visum. Christoph hat wegen der hohen nötigen Anstrengungen in Kombination mit der dünnen Luft bereits ordentlich zu kämpfen, kann sich aber zum Glück dann doch wieder fangen.

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Die dünne Luft macht sich bemerkbar.

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Mittlerweile ist es richtig hell und wir können eindrucksvolle Ausblicke bewundern.

Vom Plateau geht es zuerst sehr steil auf den Sattel auf 4900m. Dort legen wir noch eine ganz kurze Verschnaufpause ein. Der Wind bläst hier ordentlich. Richtig schnell ist hier in der dünnen Luft niemand mehr unterwegs, eine Frau haben wir am Sattel vor Erschöpfung gar weinend angetroffen. Mit dem Gipfel bereits im Auge wird jetzt das Schlussstück in Angriff genommen, eine durchgehend 45 Grad steile Flanke. Motiviert durch das Ziel in Aussicht wird es aber kein großes Problem mehr und so erreichen wir nach ungefähr 5 Stunden den Gipfel auf 5047m.

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Am Gipfel, Aussicht wie aus einem Flugzeug.

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Mit uns waren noch 2 andere Leute am Gipfel; ein Gipfelfoto von uns bekommen wir hoffentlich noch nachgereicht.

Nicht länger 5-10 Minuten verweilen wir am Gipfel; es ist auch nicht so einladend wie es auf den Fotos wirkt: Es hat -12 Grad; mit dem Windchill eingerechnet sicher noch um einige Grade kälter. Chrisopth hat zum Glück nicht auf ein Trinksystem gesetzt sondern auf eine normale Flasche und kann uns dadurch ein paar Schluck zum Trinken abgeben; wenn auch mit Eiswürfeln (Olivers System ist inzwischen auch gefroren). Beim Abstieg kommen wir rasch voran, wenn wir auch immer wieder mal bis zu den Knien in Gletscherspalten versinken. Am Plateau angekommen treffen wir auf die 2te Climbing Georgia Gruppe aus dem Libanon. Für sie ist hier leider schon der Aufstieg zu Ende; ist es nicht aussichtsreich, dass der Gipfel vor Mittag erreicht werden kann wird von den Bergführern aus Sicherheitsgründen umgedreht. Trotzdem eine gewaltige Leistung; Die Dame läuft zwar Marathons, allerdings ist es der erste Berg in ihrem Leben. Nachdem wir den An/Abseilplatz erreicht haben und sich die Temperaturen langsam wieder Richtung Plusbereich bewegen wird langsam erfreulicherweise auch mein Trinkwasser wieder flüssig. Ohne Probleme erreichen wir nach einer tollen Zeit von insgesamt 8,5 Stunden wieder unser Lager. Zunächst ist es noch unsicher, ob wir an diesem Tag noch ganz absteigen, aber aus organisatorischen Gründen fällt dies flach. Deshalb dürfen wir noch eine letzte Nacht in der Station bei wunderbarem Wetter genießen.

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Wieder bei der Station nach der Rückkehr vom Gipfel.

Der folgende Tag ist ursprünglich noch als Reservetag für den Gipfel vorgesehen gewesen, aber nachdem das Wetter so toll mitspielte benötigen wir diesen nicht und haben statt dessen noch einen zusätzlichen Tag in Tiflis. Nach dem Abstieg bei bestem Wetter geht es also mit dem Auto direkt zurück von der bis zu -12 Grad kalten dünnen Luft in das 35 Grad heiße Tiflis.

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Abstieg mit Oto und dem etwas enttäuschten Paar aus dem Libanon.

Bevor wir wieder via Istanbul, erneut mit ein paar Stunden Aufenthalt, zurückfliegen verbringen wir die letzten zwei Tage also noch in Tiflis, unter anderem mit dem botanischen Garten, dem Fernsehturm; Wahrzeichen der Stadt, dem dortigen Vergnügungspark, der Altstadt und einem kurzem Tagesausflug nach Mzcheta, der alten Hauptstadt Georgiens.

Fazit:

Toller Berg für erste Erfahrungen im Höhenbergsteigen. Auch die Organisation von Climbing Georgia war nicht nur problemlos und außergewöhnlich gut, sondern auch konkurrenzlos günstig. Kann man einfach nur weiterempfehlen. Vielen Dank für die verschiedensten Sachen an dieser Stelle an Shota, Oto und Lika.